Tenzin Tscholok: Da ich selbst noch in der Ausbildung bin, interessiert mich der Werdegang anderer Menschen sehr. Sie haben sich für die Maturität und das Studium anstelle des Ausübens Ihres ersten Berufes als TV- und Radioelektroniker entschieden, warum?
Hans-Peter Kohler: Das ist ganz einfach zu beantworten: In der Sekundarschule waren meine schulischen Leistungen nicht so gut, um auf das Gymnasium zu gehen. Ich habe mich stattdessen für eine Berufsausbildung als TV- und Radioelektroniker entschieden. Die Wahl dieser Berufsausbildung hat einen gesundheitlichen Hintergrund. Bereits im Alter von zehn Jahren musste ich lange Zeit im Krankenhaus verbringen. Dort begann ich, mich mit Bastelarbeiten rund um Batterien und Lampen zu beschäftigen. Nach dem Abschluss der vierjährigen Lehre wollte ich an einer Fachhochschule weiterstudieren, doch dann schlug mir mein Deutschlehrer vor, stattdessen die Eidgenössische Maturität zu machen. Da ich aus einer nicht-akademischen Familie stamme, war dies für mich etwas Neues. Ich habe die Maturität erfolgreich abgeschlossen und entschied mich dann für eine neue Herausforderung, den medizinischen Weg. Nach dem Studienabschluss war ich als Arzt tätig. Ich war aber immer noch sehr neugierig und habe mich auch akademisch weitergebildet. Dies hat es mir dann ermöglicht, als Research Fellow einige Jahre lang an der University of Leeds in England zu forschen. Eine spannende Zeit! Danach kam ich mit der Familie in die Schweiz zurück und war in verschiedenen Spitälern im Kanton Bern als Forscher und Mediziner tätig. Ich habe mich dann auch vermehrt mit Politik auseinandergesetzt und wurde 2014 Grossrat im Kanton Bern und später Präsident der Kantonalen Gesundheitskommission. Seit 2018 bin ich Vollzeitpolitiker als Gemeinderat von Köniz und für die Direktion Bildung und Soziales zuständig.Hans-Peter Kohler
Nach dem Abschluss seiner Lehre als TV- und Radioelektroniker hat sich Herr Kohler zum Arzt weitergebildet. Er war viele Jahre als Arzt und Professor für Innere Medizin sowohl in der Forschung als auch in der Praxis im In- und Ausland tätig. Seit einigen Jahren beschäftigt ihn sein politisches Mandat in der Gemeinde Köniz vollzeitig.
Viele kennen Sie aus Ihren Auftritten in den Medien während der Covid-19 Pandemie. Dieses Spannungsfeld in Ihrer beruflichen Laufbahn zwischen Medizin, Forschung und Politik muss Ihnen während der Pandemie geholfen haben, Entscheidungen zu treffen. Wie waren Ihre Erfahrungen damals?
Wie vorhin erwähnt, widme ich mich seit 2018 im Vollzeitmandat meiner Rolle als Gemeinderat in Köniz. Damals dachte ich, dass ich nichts mehr mit Medizin zu tun haben werde. Doch dann kam Covid-19. Alle 18 Schulen in Köniz mussten natürlich schliessen. Für Köniz war ich als Bildungsvorsteher mit einem gesundheitlichen Hintergrund als Professor für Innere Medizin bestens gewappnet, mir die richtigen Informationen über die Verbreitungswege des Virus anzueignen und somit schnell die bestmöglichen Massnahmen zu Schliessungen und Maskenpflichten umzusetzen. Die Medien kannten mich schon von meinen Zeiten in der Kantonalen Gesundheitskommission und sind dann oft auf mich zugekommen, manchmal sogar dreimal in der Woche bei TeleBärn. Die Medien waren an Aussagen interessiert, wie zum Beispiel, ob man jetzt Masken tragen müsse oder nicht. Natürlich hätte ich lieber auf die ganze Pandemie verzichtet, aber es war für mich eine sehr lehrreiche Zeit mit vielen spannenden Aufgaben, nicht nur beruflich. Während der Pandemie musste ich, wie auch alle anderen, viel Zeit zu Hause verbringen. Diese Zeit habe ich dann genutzt, um mich auf die HB9-Prüfung vorzubereiten, die Prüfung zum Funkamateur.Tenzin Tscholok
Tenzin Tscholok ist KV-Lernender bei HIN. In seinem zweiten Lehrjahr konnte er 6 Monate in der Marketing- und Kommunikationsabteilung verbringen, wo er unter anderem dieses Interview führen konnte.
Wieso haben Sie die HB9-Prüfung erst im Alter von 60 Jahren abgelegt?
Die HB9-Prüfung abzulegen, war ein langgehegter Wunsch. Als leidenschaftlicher Radioelektronik-Fan bedauere ich es ein wenig, die Prüfung nicht früher abgelegt zu haben, als das Wissen noch frisch war. Die Covid-19-Pandemie brachte mir dann aber klar vor Augen, dass es jetzt oder nie war. Mit 80 Jahren die Prüfung abzulegen, wäre zu spät gewesen, da die Prüfung sehr anspruchsvoll ist. Trotz der Herausforderung, alte mathematische Kenntnisse wieder aufzufrischen, habe ich mich entschlossen, die Prüfung eigenständig anzugehen, da ich durch meine Lehre ein gutes Grundwissen schon hatte. Es werden aber auch umfangreiche Kurse für Laien angeboten, die sich dieses Hobby aneignen möchten.Nachdem Sie die Prüfung bestanden hatten, haben Sie vom BAKOM das Rufzeichen HB9HIN bekommen. Als Arzt ist das schon ein interessanter Zufall, da HIN für die einfache und sichere Kommunikation im Gesundheitswesen steht. Wie haben Sie darauf reagiert und welchen Bezug haben Sie sonst zu HIN?
Ich erinnere mich noch an den Gründervater von HIN, Hans-Heinrich Brunner, einen früheren FMH-Präsidenten. Wir haben zusammen am Inselspital Bern gearbeitet und ich war damals sogar sein Vorgesetzter. Die sichere digitale Übertragung von medizinischen Daten war schon immer ein Bedürfnis im Gesundheitswesen und HIN hat massgeblich dazu beigetragen. Ich bin auch schon seit vielen Jahren in der Politik und habe mich gefreut, das Rufzeichen sowohl als Arzt als auch Politiker zu bekommen. Es ist eine besondere Ehre und auch ein glücklicher Zufall. Es gibt viele Millionen Möglichkeiten für Rufzeichen, und dass ich genau HB9HIN zugeteilt bekam, ist fast unglaublich. Ich bin jetzt unter diesem Rufzeichen bei den Funkamateuren bekannt und würde es nie austauschen wollen.Die HB9-Prüfung
Die Teilnahme am Amateurfunk ist international geregelt. Um als Funkamateur auf der ganzen Welt funken zu können, muss man die HB9-Prüfung bestehen, die vom BAKOM organisiert wird. Das Bestehen dieser Prüfung ist die Voraussetzung für den Erhalt eines internationalen, einmaligen Rufzeichens, das Senden auf allen Amateurfunkbändern bis zu 1000 W Leistung und den Selbstbau von Funkgeräten.
«Die sichere digitale Übertragung von medizinischen Daten war schon immer ein Bedürfnis im Gesundheitswesen und HIN hat massgeblich dazu beigetragen.»