Gesundheitspolitik auf der digitalen Überholspur

Dem Gesundheitswesen wird oft ein Rückstand bei der Digitalisierung attestiert. Die eidgenössische Politik will das Tempo der Transformation erhöhen. Wir geben einen Überblick über aktuelle regulatorische Baustellen.HIN gestaltet die digitale Transformation im Schweizer Gesundheitswesen massgeblich mit. Als Standard für sichere Kommunikation und als Identitätsanbieter für Gesundheitsfachpersonen ist HIN ein wichtiger Pfeiler der digitalen Infrastruktur. Entsprechend interessiert und aktiv verfolgt HIN die technologischen und regulatorischen Entwicklungen wie den Richtungsentscheid des Bundesrats zum elektronischen Patientendossier (EPD). Auch im eidgenössischen Parlament werden aktuell Vorlagen behandelt, welche die HIN Community tangieren.

eRezept

Der Nationalrat hat in der Sommersession 2022 eine Motion angenommen, die verlangt, dass Rezepte für Heilmittel künftig grundsätzlich elektronisch ausgestellt und digital übertragen werden müssen. Mit HIN Sign können Mitglieder der HIN Community bereits heute Rezepte rechtsgültig elektronisch unterschreiben. Auch die künftige E-Rezept-Lösung von FMH und pharmaSuisse basiert auf dieser Technologie. Ausgenommen sind bisher Betäubungsmittel-Rezepte – diese müssen mittels amtlichem Papierformular verschrieben werden. Im Rahmen der Behandlung der Motion im Ständerat soll sichergestellt werden, dass das Obligatorium für eRezepte auch für Betäubungsmittelrezepte gilt.

Staatliche E-ID

Das Parlament hat den Bundesrat damit beauftragt, ein staatliches elektronisches Identifikationsmittel – eine sogenannte E-ID – zum Nachweis der eigenen Identität in der virtuellen Welt zu schaffen. Dabei sollen insbesondere die Grundsätze «privacy by design», Datensparsamkeit und dezentrale Datenspeicherung (wie Speicherung der Ausweisdaten bei den Benutzerinnen und Benutzer) eingehalten werden. Das Bundesamt für Justiz hat bereits damit begonnen, eine entsprechende Lösung auszuarbeiten. Ziel ist es, die staatliche E-ID nicht nur für Strafregisterauszüge, Führerausweise und Hochschuldiplome, sondern auch für Anwendungsfälle im Gesundheitswesen verwenden zu können. Wie wir bereits nach der Ablehnung der letzten E-ID-Vorlage kommuniziert haben, ist HIN bestrebt, den Zugang zum HIN Vertrauensraum auch mit einer staatlichen E-ID sicherzustellen. Als nächster Schritt wird die Vorlage in eine öffentliche Vernehmlassung geschickt, die dem Vernehmen nach noch vor der Sommerpause gestartet werden soll.

Elektronisches Patientendossier (EPD)

Der Bundesrat hat beschlossen, das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) – und damit das EPD selbst – grundlegend zu revidieren. Das eröffnet die Möglichkeit, Fragen und Probleme anzugehen, die einer erfolgreichen Einführung und Verbreitung des EPD entgegenstehen. Jedoch sind wichtige Parameter der geplanten Revision – beispielsweise eine Abgeltung von Aufwänden der EPD-pflichtigen Gesundheitsfachpersonen durch die obligatorische Krankenversicherung – erst vage skizziert. In der Sommersession 2022 hat der Nationalrat zudem eine Motion angenommen, welche eine zentrale EPD-Infrastruktur für die Datenablage der Patientinnen und Patienten fordert. Zu klären ist, ob die Zahl der Stammgemeinschaften/Gemeinschaften oder die Zahl der Datenplattformen reduziert werden soll. Da die notwendigen Gesetzes- und Verordnungsänderungen mehrere Jahre in Anspruch nehmen, bleibt der regulatorische Rahmen kurz- bis mittelfristig unverändert.

Digitalisierung beschleunigen

Der Nationalrat möchte die Digitalisierung des Gesundheitswesens beschleunigen, indem die Prozesse rund um die Patientenadministration im Sinne eines virtuellen Schweizer Gesundheitsnetzes digital abgewickelt werden können. Er hat im Hinblick darauf kürzlich eine Motion von Nationalrat Andri Silberschmidt angenommen. Ein zweiter Vorstoss von Silberschmidt, welcher die für die digitale Transformation nötigen Kompetenzen in der Aus- und Weiterbildung des Gesundheitspersonals berücksichtigen will, ist im Rat hängig.